- Gratifikation
- I. Begriff:Sonderzuwendungen, die der Arbeitgeber aus bestimmten Anlässen (z.B. Weihnachten, Dienstjubiläum, Urlaub) neben dem ⇡ Arbeitsentgelt gewährt. G. sind keine Schenkungen; sie sind i.d.R. Anerkennung für geleistete Dienste und Anreiz für weitere Dienstleistung.- Auf die Zahlung einer G. besteht weder kraft Gesetzes noch aufgrund der ⇡ Fürsorgepflicht des Arbeitgebers ein Rechtsanspruch.II. Rechtsgrundlage:Neben einer ausdrücklichen vertraglichen Zusage (⇡ Arbeitsvertrag) oder einer Kollektivvereinbarung (⇡ Tarifvertrag, ⇡ Betriebsvereinbarung) kommen u.a. Gleichbehandlungsgrundsatz (⇡ Gleichbehandlung) und ⇡ betriebliche Übung in Betracht.- 1. Tarifvertrag: Im Zweifel wird mit einer im Tarifvertrag vereinbarten Sonderzahlung überwiegend im Bezugszeitraum geleistete Arbeit zusätzlich vergütet.- 2. Betriebliche Übung: Nach der Rechtsprechung besteht ein Anspruch auf die G., wenn der Arbeitgeber dreimal hintereinander vorbehaltlos eine G. zahlt. Dieser Anspruch kann i.d.R. nicht durch Betriebsvereinbarung wieder beseitigt werden.- 3. Einzelarbeitsvertrag: Ein entsprechend begründeter Anspruch auf G. kann nur durch ⇡ Abänderungsvertrag oder im Wege der ⇡ Änderungskündigung beseitigt werden.- 4. Gleichbehandlungsgrundsatz: Es entsteht dann ein Anspruch auf G., wenn der Arbeitgeber allgemein G. zahlt, jedoch einzelne Arbeitnehmer oder Gruppen willkürlich ausnimmt. Der Ausschluss ist aber gerechtfertigt bei ⇡ Kündigungen des Arbeitsverhältnisses, häufigen unberechtigten Fehlzeiten des Arbeitnehmers und bei geringer Dauer der Betriebszugehörigkeit. Unzulässig ist ein Ausschluss bei ⇡ betriebsbedingter Kündigung, es sei denn, der Tarifvertrag enthält eine entsprechende Klausel.- 5. Wird die G. freiwillig, ohne Anerkennung einer Rechtspflicht für die Zukunft gezahlt, so steht die Zahlung der G. im Ermessen des Arbeitgebers. Jedoch ist auch dann der Gleichbehandlungsgrundsatz zu beachten.III. Anspruch:1. Höhe: Richtet sich nach der ausdrücklich oder stillschweigend getroffenen Vereinbarung.- 2. Wegfall: Besteht das Arbeitsverhältnis am vorgesehenen Stichtag nicht mehr oder sind sonst die Voraussetzungen (z.B. keine Fehlzeiten) nicht erfüllt, entfällt der Anspruch; anders bei Leistungen mit reinem Entgeltcharakter, z.B. einem 13. Monatsgehalt.IV. Rückzahlungsklauseln:1. Der Rückzahlungsvorbehalt muss eindeutig vereinbart sein. Eine Rückzahlungspflicht besteht dann nicht, wenn der Arbeitgeber kündigt, ohne dass ihm der Arbeitnehmer hierfür einen Anlass gegeben hat.- 2. Die durch Rückzahlungsklauseln angestrebte Bindung des Arbeitnehmers an den Betrieb kann so stark sein, dass dem Arbeitnehmer die Freiheit zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses genommen wird. Die Rechtsprechung hat deshalb Regeln über das zulässige Maß der Betriebsbindung aufgestellt. G. bis zur Höhe von ca. 100 Euro können überhaupt nicht mit einer Rückzahlungsklausel verbunden werden. Bei einer Weihnachtsgratifikation, die ein Monatsgehalt erreicht, kann die Kündigung bis nach dem 31. März des Folgejahres ausgeschlossen werden. Erreicht die G. keine zwei Monatsgehälter, kann i.Allg. keine Bindung über den 30. Juni erfolgen.- 3. Sind Rückzahlungsklauseln wegen zu langer Bindung unzulässig, ist nicht die Zusage der G. überhaupt, sondern nur die zu lange Bindung nichtig. Hält der Arbeitnehmer die rechtlich zulässigen Fristen nicht ein, muss er den gesamten Betrag der G. zurückzahlen.V. Pfändung:Die Weihnachtsgratifikation ist bis zur Höhe der Hälfte des monatlichen Arbeitseinkommens, höchstens aber bis zum Betrag von 500 Euro unpfändbar (§ 850a Nr. 4 ZPO); für Unterhaltsansprüche vgl. § 850d I ZPO.- Vgl. auch ⇡ Lohnpfändung.VI. Kostenrechnung:G. werden zumeist gleichmäßig im Rahmen der ⇡ Personalnebenkosten auf das Jahr verteilt.VII. Steuerrecht:G., die mit einem Dienstverhältnis zusammenhängen, gehören zu den ⇡ sonstigen Bezügen, soweit sie nicht fortlaufend gezahlt werden. Werden G. regelmäßig mit dem üblichen Arbeitslohn gezahlt, sind sie als laufender ⇡ Arbeitslohn zu versteuern.
Lexikon der Economics. 2013.